Dieter Graefe, langjähriger Ballettsekretär bzw. Administrativdirektor unter John Cranko und Marcia Haydée, ist am Samstag, dem 20. April 2024 in Stuttgart gestorben. Als Erbe Crankos, sorgte er nach dessen unerwarteten frühen Tod dafür, dass seine Werke weltweit einstudiert und zu Klassikern des internationalen Ballettrepertoires wurden. Bis heute zählt dank Graefe z.B. Crankos Meisterwerk Onegin zu den beliebtesten und populärsten Balletten weltweit.

Dieter Graefe wurde 1939 in Königsberg geboren und erlernte in Hamburg den Beruf des Reedereikaufmanns. 1962 wurde er zunächst Crankos Privatsekretär und erledigte Korrespondenz und organisatorische Aufgaben für ihn. 1966 wurde Graefe als Ballettsekretär und Disponent am Staatstheater Stuttgart angestellt, wo er neben der Organisation von Tourneen mit Verwaltungsaufgaben für die Ballettcompagnie und für John Cranko betraut war. Nach Crankos Tod 1973 wurde Graefe gemeinsam mit der Ballettmeisterin Anne Woolliams mit der vorläufigen Leitung des Stuttgarter Balletts betraut, bis ein Jahr später Glen Tetley Direktor wurde. Graefe blieb Ballettsekretär, während Marcia Haydées Direktionszeit stieg er zum stellvertretenden Ballettdirektor und 1983 zum Administrativdirektor des Stuttgarter Balletts auf. 1985 zog er gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Reid Anderson nach Kanada, 1996 kehrten beide nach Stuttgart zurück.

Cranko hatte den langjährigen Freund und Mitarbeiter in seinem Testament als Erben seines Besitzes, sowie den Rechten an seinen Balletten eingesetzt. Seitdem vergab Graefe die Lizenzen für Crankos Werke außerhalb von Stuttgart und München. Durch jahrzehntelange, sorgfältige Einstudierung durch hoch qualifizierte ChoreologInnen und Coaches – die meist direkt mit Cranko oder mit den TänzerInnen der Urbesetzungen gearbeitet hatten – sorgte er dafür, dass die Stücke werkgetreu aufgeführt wurden. Vor allem Crankos drei große Handlungsballette Romeo und Julia, Der Widerspenstigen Zähmung und allen voran Onegin wurden und werden von vielen großen und renommierten Compagnien weltweit getanzt, darunter dem Bolschoi Ballett, dem Ballett der Pariser Oper, dem Royal Ballet, dem Ballett der Mailänder Scala, dem American Ballet Theater, dem National Ballet of China und dem Tokyo Ballet um nur einige zu nennen. Es ist sein Verdienst, dass Crankos Ballette außerhalb von Stuttgart bis heute so begehrt und lebendig sind. 2020 gründete Gräfe gemeinsam mit Reid Anderson die John Cranko Stiftung, in die heute schon die Tantiemen – und künftig auch die weiteren Einnahmen – aus Crankos Werken eingehen und der John-Cranko-Schule zugutekommen.

Tamas Detrich, Intendant des Stuttgarter Balletts, sagt zu diesem Verlust eines Mitglieds der Stuttgarter Ballett-Familie: „Dieter Graefes Verdienste um das Stuttgarter Ballett und das Werk John Crankos sind kaum zu ermessen. Er war am Aufbau unsere Compagnie unter John Cranko beteiligt und durch seine anschließende Arbeit als Verwalter der Werke außerhalb von Stuttgart, werden diese wunderschönen Ballette, die hier in Stuttgart kreiert wurden, von den weltweit renommiertesten Compagnien bis heute noch getanzt. Wir haben ihm viel zu verdanken und werden ihn sehr vermissen.“

Seinen Wünschen entsprechend wird Graefe im engsten Kreis beigesetzt; es gibt keine öffentliche Trauerfeier.
Portrait: Dieter Graefe
Foto Hannes Kilian